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OMaN Victoria Übersicht 1950 - 1959  
Victoria

4T Vicky III

Victoria



  Viertakt Vicky  



 

Vicky - Viertakter läuft



Die Geschichte eines Prototyps,
der 45 Jahre Entwicklungszeit benötigte!

Die Nürnberger Hercules- Werke waren in Insiderkreisen dafür bekannt, dass sie mit nichtvollendeten Entwicklungen sehr konsequent umgingen. Was nicht in Serie ging, wanderte fast ausnahmslos in den Schrottcontainer. Verständlich bei aktuellen Versuchsmustern, schließlich sollte der Konkurrenz jede Möglichkeit, Pläne und Zukunftsideen der Nürnberger Motorradfabrik zu erfahren, genommen werden.

Unverständlich wird die Geschichte aber, wenn Prototypen in die Schrottpresse wanderten, die schon ein paar Jahrzehnte auf dem Werksgelände im Keller unter der Lehrwerkstatt geschlummert hatten. Und wenn manchmal nicht auf seltsame Weise Teile den Ort gewechselt hätten, wären sicher noch einige Raritäten aus der langjährigen Tradition der früheren Victoria- Werke, die später zur Zweirad- Union und dann zu Hercules wurden, für die Nachwelt auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

Hier ist die Geschichte eines Motors, der fertig entwickelt war und nicht mehr zum Serieneinsatz kommen sollte. Rund 45 Jahre nach der Fertigstellung des Prototyps läuft das Triebwerk - so lange hat in der deutschen Industriegeschichte sicher noch keine Neuentwicklung gedauert.


Nürnberger Hercules Werke Ende der sechziger / Anfang der siebziger Jahre:

Der Versuchsmechaniker Franz Hartmann findet im Keller, in dem noch viel Material aus der Zweirad- Union und Victoriazeit lagert, einen kleinen unscheinbaren Motor - doch als Kenner der Motorradgeschichte bemerkt er sofort: Dieser Motor ist niemals in Serie gebaut worden! Bei genauerem Hinsehen entpuppt er sich als Viertakter, der auf dem Gehäuse einer Victoria- Vicky aufgebaut wurde.


Nürnberger Hercules Werke im Dezember 1991:

In einer bisher nicht dagewesenen Aktion werden die Kellerräume "entsorgt" und alles Greifbare kurzerhand auf den Müll geworfen. Weil diese Aktion bereits im Vorfeld bekannt wird, melden sich einige Interessenten bei der Firmenleitung und fragen nach, ob es nicht möglich ist, einzelne Teile oder komplette Motoren aus den Lagerbeständen käuflich zu erwerben. Doch um Keinen zu bevorteilen, kommt aus der Führungsetage ein striktes "Nein".

Um die Teile endgültig unbrauchbar zu machen, werden sie von Mitarbeitern zerstört, bevor sie in den Schrottcontainer wandern. Das geschieht, indem Stehbolzen abgeknickt und Kühlrippen mit dem Vorschlaghammer zertrümmert werden.

Unter diesen zerstörten Motoren befindet sich auch ein Viertaktmotor auf Vicky- Basis in der oben erwähnten Ausführung.

Schrottcontainer

Das zunächst traurige Ende: Einer der Viertakt- Prototypen liegt zerstört im Schrottcontainer, aus dem er jedoch "gerettet" wurde.

Bevor die Fa. Ammon den Schrott abfährt, wird dieser Motor in einer "Aktion" vom Container befreit und kommt schließlich auf Umwegen in den Besitz von Franz Hartmann. Durch die mutwillige Zerstörung (abgedrehte Stehbolzen und Hammerschläge auf den Kolbenboden) ist er aber für einen Neuaufbau unbrauchbar.


Wüstenstein im Jahre 1999:

Durch Zufall erfährt Franz Hartmann, dass ein Hercules- Interessent einen kleinen Viertaktmotor besitzt. Franz Hartmann ist als Sammler natürlich an diesem Motor interessiert, doch der Besitzer will ihn zunächst nicht hergeben.

Weil Hartmann im Besitz von anderen Teilen ist, die der Motorbesitzer dringend benötigt, kommt ein Tausch zustande. Hartmann ist nun Besitzer eines Viertakters und schnell zeigt sich, dass dieser Motor ebenfalls eine Viertaktkonstruktion auf Vicky- Basis ist.

Jetzt erst geht Franz Hartmann ein Licht auf, denn dies ist offenbar der Motor, den er Ende der sechziger oder Anfang der siebziger Jahre im Keller entdeckte. Und der hatte auf unerklärliche Weise alle "Bereinigungsversuche" überstanden!

Was sich kurz darauf auch noch herausstellt: der Motor ist funktionsfähig - und damit der nächste Schritt geplant: ein ganzes Moped aufzubauen.

Viertakt Vicky


Wüstenstein Silvester 1999, 12 Uhr:

Das Moped mit Vicky Viertakter schnurrt zum erstenmal vor sich hin! Der Weg dahin war nicht ganz einfach, denn dieses Moped gab es bei Victoria niemals, nicht einmal ein Prototyp existierte. Soweit sich Zeitzeugen heute noch erinnern, wurde nur der Motor gefertigt. Über die Details und Hintergründe dieser Entwicklung, ja nicht einmal über das genaue Entwicklungsjahr ist bis heute etwas dokumentiert.

Viertakt Vicky III

Franz Hartmann und sein Prototyp:
Die einzige Victoria Vicky III mit einem Viertaktmotor, kurz nach der ersten Probefahrt an Silvester 1999


Sicher dürfte lediglich sein, dass es sich bei der Linienführung um eine Konstruktion aus Küchens Konstruktionsbüro handelt. Doch ob der Motor in Nürnberg entwickelt, oder - was vielleicht auch nicht abwegig erscheint - in Italien oder für den italienischen Markt angefertigt bzw. konstruiert wurde, darüber kann nur spekuliert werden. Vielleicht erinnert sich noch jemand an Details, wenn er diese Geschichte liest - er möge sich beim Verlag melden.

Unter diesen wenigen Vorgaben macht sich Franz Hartmann an die Arbeit und baut den Motor in ein eigenes Vicky III N- Fahrwerk ein, nachdem er ein Vicky IV- Fahrwerk als Leihgabe abgelehnt hatte.

Da der Motor irgendwann Mitte der fünfziger Jahre gebaut wurde, wäre es auch realistisch gewesen, ihn schon damals in ein Vicky- III N-Fahrwerk einzubauen. Dass ein solches oder ähnliches Fahrwerk vorgesehen war, beweist die Tatsache, dass die Motoraufnahmen genau passen, also wahlweise den Einbau des Zweitakt- oder Viertaktmotors zulassen sollten. Damit stand dem Einbau natürlich nichts mehr im Wege und so kam es, dass nach etwa 45 Jahren ein geplantes Modell - zumindest als Unikat - endlich vollendet ist.

Vicky III

Sie war der Stern am Mopedhimmel der 50er Jahre:
Victoria Vicky III, serienmäßig mit Zweitaktmotor


Thomas Reinwald
(mit freundlicher Genehmigung entnommen aus ZWEIRAD )
 



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